Es war bis dahin ein ruhiger Tag in dem kleinen Städtchen Pförten, dieser 5. September im Jahre 1758. Die Menschen kümmerten sich um die Heuernte oder gingen in ihren Häusern ihren Erledigungen nach.
Plötzlich unterbrach Pferdegetrappel die Ruhe. Über die Forster Straße kommend ritten etwa 200 preußische Husaren Richtung Schloß. Heinrich Graf von Brühl, Premierminister im sächsisch-polnischen Königreich, hatte bereits 1740 das kleine Pförten (heute Brody) erworben und das dortige Schloßensemble zu seiner Residenz erklärt. Ihm gehörte neben der Standesherrschaft Pförten auch die nur wenige Kilometer entfernte Stadt Forst. Im Pförtener Schloß residierten er und der sächsische Kurfürst und polnische König August III. auf ihren Reisen zwischen Dresden und Warschau.
Brühl hatte mit dem Preußenkönig Friedrich II. („Der Alte Fritz“) einen mächtigen Gegenspieler. Beide hassten sich bis auf das Äußerste. Der Graf hatte 1730 im Zeithainer Lager (ging als eine grandiose Truppenschau und gleichzeitig gigantisches Barockfest August des Starken in die Geschichte ein) die Fluchtabsicht des preußischen Kronprinzen Friedrich an den preußischen König Friedrich Wilhelm I. verraten. Der König lies daraufhin Friedrich auf der Festung Küstrin einsperren. Der Kronprinz setzte nun nach seiner Thronbesteigung alles daran, sich an dem sächsischen Premierminister zu rächen. Brühl dagegen wollte Friedrich II. mit allen Mitteln schaden, um dessen Ruhm und Ansehen in Europa zu beschädigen.
Am 1. September 1758 befahl der preußische König die Zerstörung des Brühlschen Schloßes. Vier Tage später trafen seine Soldaten in Pförten ein.
Im linken Seitenflügel, wo sich das Rentamt und die Kasse befanden, forderte der Befehlshaber die Herausgabe von Schriftstücken und der Kasse. Anschließend ging er mit seinen Leuten zum Schloßportal und ließ sich vom Kastellan und Bettmeister die Räume des Schlosses zeigen. Der Bettmeister glaubte zunächst an eine Einquartierung der preußischen Truppen.
Derweil versammelten sich auf dem Vorplatz des Schlosses die Bürger der Stadt. Auch die beiden Geistlichen waren gekommen, um bei Bedarf vermitteln zu können.
Als einige Wagen mit Heu, Stroh und Reisig beladen vorführen, ahnte die aufgebrachte Menge, was die Preußen vorhatten. Die Soldaten brachten das trockene Brennmaterial ins Schloß. Einige Bürger liefen davon, Kübel und Eimer zu holen und nasse Säcke. Die Menschen flehten die Soldaten an, um das Hab und Gut zu retten oder wenigstens mit dem Löschen beginnen zu dürfen. Auch hatte man Angst um die nahe gelegene Kirche. „Alles was zum Schloß gehört, dürfe nicht gelöscht werden“, sagte der Befehlshaber.
Mittlerweile stand der Dachstuhl des Schlosses in Flammen. Wenig später stürzte er prasselnd ins Innere des Schlosses. Sofort fingen das Treppenhaus und das durch zwei Geschosse gehende Tafelzimmer Feuer. Wie Fahnen wehten die schweren, brennenden Vorhänge durch die zersprungenen Fenster.
Beschämt schaute der Befehlshaber zu, wie das Schloss völlig ausbrannte. Es war keine Tat, für die er sich jemals rühmen würde und die ein preußisches Soldatenherz erfreuen könnte.
Die beiden Seitenflügel des Schlosses waren unversehrt. Als das Feuer in sich zusammenbrach und keine Gefahr mehr darstellte, gab der Offizier das Kommando zum Aufbruch. Stumm ritten die Husaren davon, stumm waren auch die Bürger des kleinen Städtchens in der Lausitz. Zurück blieben ein ausgebranntes Schloss und ein dunkler Fleck auf dem Schilde des großen Friedrich.
Erst im 20. Jahrhundert wurde der Wiederaufbau des zerstörten Schlosses beendet. 1945, zum Ende des 2. Weltkrieges, wurde das Schloß erneut Opfer von Flammen. Mittlerweile erfolgt durch den jetzigen Eigentümer die Sanierung des Schlosses. In den seitlichen Kavaliershäusern befinden sich heute ein Hotel mit Restaurant sowie eine kleine Ausstellung.
Doch den 5. September 1758 – den Tag von Pförten – vergaßen die Leute nicht.
Antworten